Doping in der (alten) Bundesrepublik

Wissenschaftler in Berlin und Münster haben in einer 2009 angelaufenen, vom Bundesinstitut für Sportwissenschaft (BiSp) mit 525.000 Euro finanzierten und auf drei Teile angelegten Studie das Doping in (West-) Deutschland untersucht. Die Ergebnisse finden durchaus unterschiedliche Würdigungen. Während manche Beobachter meinen, die Studie bringe nichts Neues, waren die Ergebnisse andererseits doch so heikel, dass die Veröffentlichung durch die Auftraggeber erst nach Zeitungs-Berichten erfolgte.

Bundesinnenminister Friedrich sagte im Sportausschuss des Deutschen Bundestages: "Der Bericht war nicht das, was wir in Auftrag gegeben hatten. Deshalb wollten wir ihn nicht veröffentlichen." Unwissenschaftlich oder zu brisant? Da herrscht sogar zwischen den Forschergruppen von der Humboldt-Universität Berlin und der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster, die sich nicht auf einen gemeinsamen Zungenschlag einigen konnten, sowie dem Projektbeirat Uneinigkeit. Zudem wurden unter Hinweis auf den Datenschutz zahlreiche Namen geschwärzt. Und der Berliner Teil der Studie bricht 1990 ab, also mit der deutschen Einheit, als das politische Doping-Motiv - der Wettbewerb mit den Brüdern auf der anderer Seite von Mauer und Stacheldraht/vom antifaschistischen Schutzwall - sich erledigt hatte.

Das BiSP selbst, das mit dem Bundesinnenministerium im Rücken als Auftraggeber auch Forschungsgegenstand (!) war, erteilte in einer umfangreichen Stellungnahme den Münsteraner Forschern gute und den Berlinern schlechte Noten ("methodische Mängel und mangelnde Wissenschaftlichkeit"). Andererseits hat der Journalist und in Berlin an der Studie beteiligte Wissenschaftler Erik Eggers in einem Artikel für die Zeit unter dem unverblümten Titel "Der Unfug des Innenministers" über jene anfangs zitierte Sportausschuss-Sitzung vom 2. September 2013 berichtet, auf der die Wissenschaftler wie Staffage behandelt wurden und keine ausreichende Redezeit erhielten, ihre Forschungs-Ergebnisse zu rechtfertigen:
Insofern waren wir gewarnt, als es am Montag in diese Sondersitzung ging; Diskussionen mit Ignoranten sind ja meist nicht besonders ergiebig. Aber der Film, der sich dann im Raum 3.103 des Marie-Elisabeth-Lüders-Hauses abspielte, übertraf alles. Die Fraktion sei in diesen Tagen, wo es in Buenos Aires um einen deutschen IOC-Präsidenten gehe, "nicht so ganz unvoreingenommen, wie das vielleicht angezeigt wäre", sagte allen Ernstes Klaus Riegert, der sportpolitische Sprecher der CDU. Die Anlage dieser Sitzung, wie sie die Regierungsparteien dann per Antrag durchsetzten, war nicht auf historische Aufklärung ausgerichtet. Sondern auf ein Schlachtfest.
Fest steht, dass die beiden Forschungsgruppen es nicht vermocht haben, die Studie zum Doping in Deutschland vorzulegen. So bestehen denn die Forschungsergebnisse aus mehreren Teilberichten und reflektieren damit unterschiedliche persönliche und methodische Einstellungen der beteiligten Wissenschaftler.
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