Rio 2016: Kaum noch Auswahl bei Olympiabüchern
Die große Zeit der Olympiabücher ist wohl vorbei. Nur noch zwei Titel finden sich nach den Spielen von Rio im Buchhandel, zwei weitere sind vom Markt verschwunden. Für Sammler und alle, die Wert auf eine über den Tag hinaus reichende Reminiszenz in gedruckter Form legen, ist das keine gute Nachricht.
Zunächst also zu den Abgängen. Die Reihe "Unser Olympiabuch" gibt es nicht mehr; der Verlag Das Neue Berlin wurde kurz nach Erscheinen des Olympiabuchs Sotschi 2014 in die Insolvenz geschickt, später aber - o Wunder - weitergeführt. Die Geschäftsführer sind immer noch dieselben. Schade ums Produkt, denn die von Olympia-Auskenner Volker Kluge seit 2000 konzipierten Bücher leisteten sich - obschon Schnellschuss-Produktionen, die kurzfristig nach den Spielen veröffentlicht wurden, um das Fernsehvolk mit frischen Erinnerungen zu versorgen - als einzige ihrer Art lange Texte von Autoren vor Ort und erfreuten zudem alle Freunde einer umfangreichen Statistik.
Passé ist auch die Olympische Sport Bibliothek, die nie wieder so viele Bücher verkaufte wie zu Goldgräberzeiten bei den Olympischen Spielen 1972 in München. Die mehrsprachigen Bücher hießen dort allerdings "Werke", erschienen wahlweise im Leder-Einband, wurden auf teurem Papier gedruckt und kosteten dreistellige Summen. Das funktionierte lange Zeit, weil der Verkauf nicht über den Buchhandel erfolgte, sondern direkt über ein eigenes Vertriebsnetz; Zielgruppe waren Firmenkunden, die exklusive Buch-Geschenke als Incentives an Kunden und Mitarbeiter verteilen wollten. Auch hier gingen nach der Buchproduktion Sotschi 2014 die Lichter aus; dazu bei trugen die Lizenzgebühren, welche die OSB an die Deutsche Sporthilfe und ähnliche Organisationen u.a. in Österreich, der Schweiz und Italien zahlte, um sich mit dem Titel "offizielles Standardwerk" schmücken zu dürfen.
Was bleibt also übrig? Nicht viel.
Rio 2016 (Amazon-Link) bei Copress
Das früher vom Sport-Informations-Dienst (sid) und seit 2012 von der Deutschen Presse-Agentur (dpa) in Zusammenarbeit mit der Bildagentur Sven Simon bei Copress erschienene Olympiabuch bringt es auf 192 Seiten mit über 350 Abbildungen und kostet nach wie vor 19,90 Euro. Es startet mit einem großformatigen Bildteil und ist hauptsächlich nach Sportarten-Gruppen gegliedert. Leider merkt man den Texten an, dass sie aus dpa-Agenturmeldungen zusammengerührt wurden. Auch das "Olympia-Tagebuch", bestehend aus ein paar Zeilen Kuriosa pro Tag, wirkt lieblos zusammengestoppelt. Obwohl der Copress-Band der umfangreichere von beiden ist, müssen viele Sportarten auf einer einzigen Doppelseite abgehandelt werden.
In Sachen Statistik wird mehr geboten als der Minimalteil des Konkurrenz-Buches. Neben den ersten Acht plus Platzierungen aus Deutschland, Österreich und Schweiz gibt es auch Ergebnisse ab dem Viertelfinale. Die Namen der Team-Mitglieder in Mannschafts-Sportarten sucht man aber vergeblich. Der letzte Buchteil enthält neben Bildern aller Medaillengewinner aus dem Verbreitungsgebiet und dem Medaillenspiegel eine Statistik der Medaillengewinner aller Wettbewerbe seit 1972 (samt Download-Link zu älteren Daten), deren Wert allerdings zweifach geschmälert wird: Die alten Daten wurden offenbar einfach so übernommen, aber nicht bereinigt; zudem scheitert in manchen Sportarten der historische Vergleich wegen Programmänderungen - etwa Modifikationen der Gewichtsklassen.
dpa-Mitteilung | Verlags-Text
Olympia 2016: Stars & Spiele (Amazon-Link) bei Die Werkstatt
An der Preisschraube gedreht hat der Göttinger Verlag Die Werkstatt: Für nur noch 16,90 Euro gibt es 176 Seiten mit über 200 Abbildungen. Als Autoren zeichnen wieder Ulrich Kühne-Hellmessen und Detlef Vetten verantwortlich. Vetten gilt als guter Schreiber und liefert einen Hintergrund-Artikel (in dem leider der Gewichtheber Amir Velagic zum Ringer mutiert), aber man merkt den Texten an, dass sie (um eine Sportreporter-Phrase zu entleihen) "am grünen Tisch" entstanden sind, eben fernab von Rio. Auch die Tagebuch-Form - pro Wettkampftag sechs Seiten - dürfte dem Schnellschuss-Charakter des Buches geschuldet sein: Es ist eben produktionstechnisch einfacher, ein Buch hintereinander weg, Tag für Tag, zu produzieren.
Das Layout wirkt modern, der Einlaufteil glänzt mit großen Fotos. Ein weiterer Bildteil in der Mitte heißt "Die Stars", außer Phelps, Biles, Bold ist den Machern aber niemand eingefallen. Die Statistik liefert mit den ersten Acht plus deutsche Plazierungen nur das nötigste. Das Buch listet außerdem alle deutschen Teilnehmer und alle teilnehmenden NOKs, zeigt alle deutschen Medaillengewinner im Bild und bringt den obligatorischen Medaillenspiegel. Für die Bravo-Generation liegt ein doppelseitiges Poster mit Usain Bolt und allen deutschen Medaillengewinnern bei.
Verlags-Text
Die Schnellsten:
Beide Titel waren für den 25. August 2016 - also drei Tage nach Ende der Spiele - angekündigt.
Bestseller:
In der 14-tägigen Ratgeber-Bestseller-Liste (1. bis 14. September 2016) waren das Copress-Buch auf Platz 6 und der Werkstatt-Titel auf Platz 17 gelistet, beide als Neueinsteiger.
Leichtathletik 2016 - Die großen Momente (Amazon-Link) bei DLM RunMedia
Last but not least ist doch noch ein Neueinsteiger zu nennen. Die 2015 gegründete DLM RunMedia (dort ist der Deutsche Leichtathletik-Verband über seine Vermarktungsgesellschaft DLM beteiligt) versucht mit seinem ebenfalls direkt nach den Spielen in Rio erschienenen Buch auch noch vom Olympia-Schwung zu profitieren. Ein echtes Olympiabuch ist es allerdings nicht, eher ein leichtathletisches Saisonjahrbuch unter besonderer Berücksichtigung der Spiele. Für 19,90 Euro gibt es schmale 142 Seiten. Die Bilder stammen von dpa Picture Alliance. Im Berliner Buchhandel trafen wir das Buch aber nicht an.
Verlags-Text
Zunächst also zu den Abgängen. Die Reihe "Unser Olympiabuch" gibt es nicht mehr; der Verlag Das Neue Berlin wurde kurz nach Erscheinen des Olympiabuchs Sotschi 2014 in die Insolvenz geschickt, später aber - o Wunder - weitergeführt. Die Geschäftsführer sind immer noch dieselben. Schade ums Produkt, denn die von Olympia-Auskenner Volker Kluge seit 2000 konzipierten Bücher leisteten sich - obschon Schnellschuss-Produktionen, die kurzfristig nach den Spielen veröffentlicht wurden, um das Fernsehvolk mit frischen Erinnerungen zu versorgen - als einzige ihrer Art lange Texte von Autoren vor Ort und erfreuten zudem alle Freunde einer umfangreichen Statistik.
Passé ist auch die Olympische Sport Bibliothek, die nie wieder so viele Bücher verkaufte wie zu Goldgräberzeiten bei den Olympischen Spielen 1972 in München. Die mehrsprachigen Bücher hießen dort allerdings "Werke", erschienen wahlweise im Leder-Einband, wurden auf teurem Papier gedruckt und kosteten dreistellige Summen. Das funktionierte lange Zeit, weil der Verkauf nicht über den Buchhandel erfolgte, sondern direkt über ein eigenes Vertriebsnetz; Zielgruppe waren Firmenkunden, die exklusive Buch-Geschenke als Incentives an Kunden und Mitarbeiter verteilen wollten. Auch hier gingen nach der Buchproduktion Sotschi 2014 die Lichter aus; dazu bei trugen die Lizenzgebühren, welche die OSB an die Deutsche Sporthilfe und ähnliche Organisationen u.a. in Österreich, der Schweiz und Italien zahlte, um sich mit dem Titel "offizielles Standardwerk" schmücken zu dürfen.
Was bleibt also übrig? Nicht viel.
Das früher vom Sport-Informations-Dienst (sid) und seit 2012 von der Deutschen Presse-Agentur (dpa) in Zusammenarbeit mit der Bildagentur Sven Simon bei Copress erschienene Olympiabuch bringt es auf 192 Seiten mit über 350 Abbildungen und kostet nach wie vor 19,90 Euro. Es startet mit einem großformatigen Bildteil und ist hauptsächlich nach Sportarten-Gruppen gegliedert. Leider merkt man den Texten an, dass sie aus dpa-Agenturmeldungen zusammengerührt wurden. Auch das "Olympia-Tagebuch", bestehend aus ein paar Zeilen Kuriosa pro Tag, wirkt lieblos zusammengestoppelt. Obwohl der Copress-Band der umfangreichere von beiden ist, müssen viele Sportarten auf einer einzigen Doppelseite abgehandelt werden.
In Sachen Statistik wird mehr geboten als der Minimalteil des Konkurrenz-Buches. Neben den ersten Acht plus Platzierungen aus Deutschland, Österreich und Schweiz gibt es auch Ergebnisse ab dem Viertelfinale. Die Namen der Team-Mitglieder in Mannschafts-Sportarten sucht man aber vergeblich. Der letzte Buchteil enthält neben Bildern aller Medaillengewinner aus dem Verbreitungsgebiet und dem Medaillenspiegel eine Statistik der Medaillengewinner aller Wettbewerbe seit 1972 (samt Download-Link zu älteren Daten), deren Wert allerdings zweifach geschmälert wird: Die alten Daten wurden offenbar einfach so übernommen, aber nicht bereinigt; zudem scheitert in manchen Sportarten der historische Vergleich wegen Programmänderungen - etwa Modifikationen der Gewichtsklassen.
dpa-Mitteilung | Verlags-Text
An der Preisschraube gedreht hat der Göttinger Verlag Die Werkstatt: Für nur noch 16,90 Euro gibt es 176 Seiten mit über 200 Abbildungen. Als Autoren zeichnen wieder Ulrich Kühne-Hellmessen und Detlef Vetten verantwortlich. Vetten gilt als guter Schreiber und liefert einen Hintergrund-Artikel (in dem leider der Gewichtheber Amir Velagic zum Ringer mutiert), aber man merkt den Texten an, dass sie (um eine Sportreporter-Phrase zu entleihen) "am grünen Tisch" entstanden sind, eben fernab von Rio. Auch die Tagebuch-Form - pro Wettkampftag sechs Seiten - dürfte dem Schnellschuss-Charakter des Buches geschuldet sein: Es ist eben produktionstechnisch einfacher, ein Buch hintereinander weg, Tag für Tag, zu produzieren.
Das Layout wirkt modern, der Einlaufteil glänzt mit großen Fotos. Ein weiterer Bildteil in der Mitte heißt "Die Stars", außer Phelps, Biles, Bold ist den Machern aber niemand eingefallen. Die Statistik liefert mit den ersten Acht plus deutsche Plazierungen nur das nötigste. Das Buch listet außerdem alle deutschen Teilnehmer und alle teilnehmenden NOKs, zeigt alle deutschen Medaillengewinner im Bild und bringt den obligatorischen Medaillenspiegel. Für die Bravo-Generation liegt ein doppelseitiges Poster mit Usain Bolt und allen deutschen Medaillengewinnern bei.
Verlags-Text
Die Schnellsten:
Beide Titel waren für den 25. August 2016 - also drei Tage nach Ende der Spiele - angekündigt.
Bestseller:
In der 14-tägigen Ratgeber-Bestseller-Liste (1. bis 14. September 2016) waren das Copress-Buch auf Platz 6 und der Werkstatt-Titel auf Platz 17 gelistet, beide als Neueinsteiger.
Leichtathletik 2016 - Die großen Momente (Amazon-Link) bei DLM RunMedia
Last but not least ist doch noch ein Neueinsteiger zu nennen. Die 2015 gegründete DLM RunMedia (dort ist der Deutsche Leichtathletik-Verband über seine Vermarktungsgesellschaft DLM beteiligt) versucht mit seinem ebenfalls direkt nach den Spielen in Rio erschienenen Buch auch noch vom Olympia-Schwung zu profitieren. Ein echtes Olympiabuch ist es allerdings nicht, eher ein leichtathletisches Saisonjahrbuch unter besonderer Berücksichtigung der Spiele. Für 19,90 Euro gibt es schmale 142 Seiten. Die Bilder stammen von dpa Picture Alliance. Im Berliner Buchhandel trafen wir das Buch aber nicht an.
Verlags-Text