Die beiden Koreas bei den Olympischen Spielen
Die Nachricht kam nur wenige Wochen vor Beginn der Olympischen Winterspiele 2018, aber sie kam nicht zu spät: Nord- und Südkorea - oder wie es offiziell heißt, die Demokratischen Volksrepublik Korea und die Republik Korea - vereinbarten, unter einer gemeinsamen Flagge bei den Olympischen Winterspielen 2018 in Pyeongchang einzumarschieren und auch Personal von Nord nach Süd passieren zu lassen.
Nach einer langen politischen Eiszeit, der nuklearen Aufrüstung des Nordens und wilden Drohungen von US-Präsident Donald Trump ist dies ein erster Schritt zur Entspannung - und zugleich ein neues Kapitel in der wechselvollen Geschichte der beiden Koreas bei den Olympischen Spiele, die 1948 mit der Teilnahme von drei Eisschnellläufern in einer erstmals unabhängigen Mannschaft bei den Winterspielen in St. Moritz begann; zuvor war Korea japanische Kolonie. Der berühmte koreanische Marathon-Olympiasieger von 1936, Sohn Kee Chung, musste unter dem Namen Kitei Son für Japan starten.
Die Zeit der gemeinsamen Mannschaften
Die sportpolitischen Irrungen und Wirrungen der beiden Koreas ähneln jener der "doppelten Deutschen". In beiden Fällen sorgte die Blockbildung nach dem Zweiten Weltkrieg für eine Teilung des Landes; in beiden Fällen war der Ost-West-Konflikt die Triebfeder. IOC-Präsident Avery Brundage, ein US-Amerikaner, verweigerte dem NOK der DDR ebenso wie dem NOK Nordkoreas zunächst die Anerkennung mit Hinweis auf die Statuten: in einem Land könne es nicht zwei NOKs geben.
Während das NOK der DDR bereits 1955 provisorisch vom IOC anerkannt wurde, dafür aber die Kröte schlucken musste, mit der Bundesrepublik gemeinsame Olympiamannschaften zu bilden, dauerte es im Fall der beiden Koreas mit der provisorischen Anerkennung des Nordens bis 1962. 1964 in Tokio sollten beide Seiten eine gemeinsame Olympiamannschaft bilden; doch der Süden weigerte sich, so dass das IOC dem Norden eine selbständige Teilnahme zugestand. Mit den gemeinsamen Mannschaften war es dann ohnehin aus: 1968 durfte auch die DDR erstmals alleine antreten.
Der Kampf um die Spiele in Seoul
Die bisher dramatischste Episode der beiden Koreas löste die Vergabe der Olympischen Spiele 1988 an die Hauptstadt des Südens, Seoul, aus. Der 1980 gewählte IOC-Präsident Juan Antonio Samaranch, ein gewiefter Diplomat und Strippenzieher, legte sich schwer ins Zeug, um die Spiele vor einem weiteren Boykott nach Moskau 1980 und Los Angeles 1984 zu bewahren - was ihm schließlich gelang. Was misslang, war eine Versöhnung der feindlichen Brüder Nord- und Südkorea, obwohl vorübergehend sogar eine gemeinsame Ausrichtung der Spiele in Aussicht stand.
Gemeinsames Frauen-Team im Eishockey
Die letzten Male, das Nord- und Südkorea sich im Sport zusammengetan haben, liegen schon lange zurück: 1991 schickten beide Landesteile gemeinsame Teams zu den Tischtennis- und Jugend-Fußball-Weltmeisterschaften. Bei den Olympischen Spielen 2000, 2004 und zuletzt Turin 2006 marschierten beide Länder gemeinsam ein. In Pyeongchang tritt nun erstmals ein gesamtkoranisches Frauen-Team beim olympischen Eishockey-Turnier an. Das IOC hat diese innerkoreanischen Absprachen am 20. Januar bei einem Treffen aller Parteien in Lausanne abgesegnet und in einer Vereinbarung (PDF) festgeschrieben.
Ohnehin ist der symbolische Wert höher als der sportliche. Denn im Frauen-Eishockey hat sich Südkorea nur als Gastgeber qualifiziert und konnte eine schlagkräftige Mannschaft nur mit Hilfe von in Nordamerika rekrutierten Spielerinnen auf die Beine stellen. Die Kehrseite der Medaille: Dafür, dass zwölf Spielerinnen aus dem Norden ins Team rücken, müssen zehn der usprünglich 23 nominierten Spielerinnen aus dem Süden weichen, da es nur 25 Startplätze gibt.
Neujahrs-Gesten der Gemeinsamkeit
Insgesamt dürfen 22 Nordkoreanerinnen in drei Sportarten an den Spielen teilnehmen, obwohl das Land sämtliche Meldefristen verpasst hat und rein sportlich nur dem nachträglich zugelassenen Eiskunstlauf-Paar ein Startplatz zugestanden hätte. Außerdem wird Nordkorea im Short-Track, im nordischen und im alpinen Skisport vertreten sein. Eine große Rolle hat der Norden, der bislang zwei Medaillen im Eisschnelllaufen (1964) und Short-Track (1992) gewinnen konnte, noch nie bei den Winterspielen gespielt.
Und es wurden weitere Gesten der Gemeinsamkeit verabredet: 230 Touristen wollte der Norden zu den Spielen entsenden und ein Orchester. Schließlich vereinbarten beide Seiten ein gemeinsames Trainingslager in dem Ski-Resort Masikryong im Norden, einem Prestigeprojekt des nordkoreanischen Präsidenten Kim Jong-un, der in seiner Neujahrsansprache nach langem Werben der Regierung in Seoul überraschend die Olympiateilnahme angeboten hatte.
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Nach einer langen politischen Eiszeit, der nuklearen Aufrüstung des Nordens und wilden Drohungen von US-Präsident Donald Trump ist dies ein erster Schritt zur Entspannung - und zugleich ein neues Kapitel in der wechselvollen Geschichte der beiden Koreas bei den Olympischen Spiele, die 1948 mit der Teilnahme von drei Eisschnellläufern in einer erstmals unabhängigen Mannschaft bei den Winterspielen in St. Moritz begann; zuvor war Korea japanische Kolonie. Der berühmte koreanische Marathon-Olympiasieger von 1936, Sohn Kee Chung, musste unter dem Namen Kitei Son für Japan starten.
Die Zeit der gemeinsamen Mannschaften
Die sportpolitischen Irrungen und Wirrungen der beiden Koreas ähneln jener der "doppelten Deutschen". In beiden Fällen sorgte die Blockbildung nach dem Zweiten Weltkrieg für eine Teilung des Landes; in beiden Fällen war der Ost-West-Konflikt die Triebfeder. IOC-Präsident Avery Brundage, ein US-Amerikaner, verweigerte dem NOK der DDR ebenso wie dem NOK Nordkoreas zunächst die Anerkennung mit Hinweis auf die Statuten: in einem Land könne es nicht zwei NOKs geben.
Während das NOK der DDR bereits 1955 provisorisch vom IOC anerkannt wurde, dafür aber die Kröte schlucken musste, mit der Bundesrepublik gemeinsame Olympiamannschaften zu bilden, dauerte es im Fall der beiden Koreas mit der provisorischen Anerkennung des Nordens bis 1962. 1964 in Tokio sollten beide Seiten eine gemeinsame Olympiamannschaft bilden; doch der Süden weigerte sich, so dass das IOC dem Norden eine selbständige Teilnahme zugestand. Mit den gemeinsamen Mannschaften war es dann ohnehin aus: 1968 durfte auch die DDR erstmals alleine antreten.
Der Kampf um die Spiele in Seoul
Die bisher dramatischste Episode der beiden Koreas löste die Vergabe der Olympischen Spiele 1988 an die Hauptstadt des Südens, Seoul, aus. Der 1980 gewählte IOC-Präsident Juan Antonio Samaranch, ein gewiefter Diplomat und Strippenzieher, legte sich schwer ins Zeug, um die Spiele vor einem weiteren Boykott nach Moskau 1980 und Los Angeles 1984 zu bewahren - was ihm schließlich gelang. Was misslang, war eine Versöhnung der feindlichen Brüder Nord- und Südkorea, obwohl vorübergehend sogar eine gemeinsame Ausrichtung der Spiele in Aussicht stand.
"Von dem Momant an, als das IOC die Spiele auf seiner 1981er Session in Baden-Baden an Seoul vergab, machte die DVRK klar, dass sie diese Entscheidung als unakzeptabel ansah. [...] Die letztendliche Lösung der Situation entwickelte sich aus einer erstaunlichen Kehrtwende der DVRK-Position, einem kompletten Schwenk, wie er wahrscheinlich nur in einer Dikatur möglich ist. Anstatt zu erklären, dass Spiele auf der koreanischen Halbinsel undenkbar wären, kündigte die DVRK an, die Spiele sollten von beiden Seiten 'gemeinsam ausgerichtet' werden." IOC-Doyen Richard Pound im Journal of Olympic History 3/2017Dazu kam es zwar nicht. Nordkorea wollte die Hälfte der Spiele oder gar nichts und schickte schließlich gar keine Mannschaft, obwohl die Verhandlungen bis zum Beginn der Spiele und noch währenddessen andauerten und Samaranch dem Norden die Austragung mehrerer Wettbewerbe angeboten hatte. Doch dem Boykott schlossen sich nur fünf Länder an. Die UdSSR kehrte in die Olympische Arena zurück und mit ihr die DDR, deren Sportchef Manfred Ewald nichts unversucht gelassen hatte, um seine Sportler wieder siegen zu sehen.
Gemeinsames Frauen-Team im Eishockey
Die letzten Male, das Nord- und Südkorea sich im Sport zusammengetan haben, liegen schon lange zurück: 1991 schickten beide Landesteile gemeinsame Teams zu den Tischtennis- und Jugend-Fußball-Weltmeisterschaften. Bei den Olympischen Spielen 2000, 2004 und zuletzt Turin 2006 marschierten beide Länder gemeinsam ein. In Pyeongchang tritt nun erstmals ein gesamtkoranisches Frauen-Team beim olympischen Eishockey-Turnier an. Das IOC hat diese innerkoreanischen Absprachen am 20. Januar bei einem Treffen aller Parteien in Lausanne abgesegnet und in einer Vereinbarung (PDF) festgeschrieben.
Ohnehin ist der symbolische Wert höher als der sportliche. Denn im Frauen-Eishockey hat sich Südkorea nur als Gastgeber qualifiziert und konnte eine schlagkräftige Mannschaft nur mit Hilfe von in Nordamerika rekrutierten Spielerinnen auf die Beine stellen. Die Kehrseite der Medaille: Dafür, dass zwölf Spielerinnen aus dem Norden ins Team rücken, müssen zehn der usprünglich 23 nominierten Spielerinnen aus dem Süden weichen, da es nur 25 Startplätze gibt.
Neujahrs-Gesten der Gemeinsamkeit
Insgesamt dürfen 22 Nordkoreanerinnen in drei Sportarten an den Spielen teilnehmen, obwohl das Land sämtliche Meldefristen verpasst hat und rein sportlich nur dem nachträglich zugelassenen Eiskunstlauf-Paar ein Startplatz zugestanden hätte. Außerdem wird Nordkorea im Short-Track, im nordischen und im alpinen Skisport vertreten sein. Eine große Rolle hat der Norden, der bislang zwei Medaillen im Eisschnelllaufen (1964) und Short-Track (1992) gewinnen konnte, noch nie bei den Winterspielen gespielt.
Und es wurden weitere Gesten der Gemeinsamkeit verabredet: 230 Touristen wollte der Norden zu den Spielen entsenden und ein Orchester. Schließlich vereinbarten beide Seiten ein gemeinsames Trainingslager in dem Ski-Resort Masikryong im Norden, einem Prestigeprojekt des nordkoreanischen Präsidenten Kim Jong-un, der in seiner Neujahrsansprache nach langem Werben der Regierung in Seoul überraschend die Olympiateilnahme angeboten hatte.
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